Expertinnen am ÖMG-Podium erklären, was KI kann und wofür es im Marketing sinnvoll eingesetzt werden kann

Mit einem #allfemale Panel zum Thema Kl haben wir in Kooperation mit Mediaagentur groupM am Montag zum vierten Networking-Event des Jahres in die Location Audi house of progress eingeladen. Das Thema: Künstliche Intelligenz und deren Einfluss auf das Marketing der Zukunft. Als Expertinnen diskutierten Bernadette Fellner, Business Innovation Lead bei PwC, Alexandra Ebert, Chief Trust Office bei Mostly AI, CEO von danube.ai Sabine Walch und Nicola Pohoralek, Managing Director GroupM Digital, mit ÖMG-Präsident Alexander Oswald die Vor- und Nachteile, mögliche Anwendungsfelder und warum Marketer eine neue Ausbildung brauchen.

Mit Fakten aus dem jüngsten Artificial Intelligence Report 2023 und einem Überblick über schwache und starke KI eröffnete Nicola Pohoralek die ausgebuchte Veranstaltung. Von der einen Hälfte gefeiert, von der anderen verdammt – Künstliche Intelligenz spaltet nicht nur das Marketingvolk. Pohoralek sieht KI weniger als Konkurrenz, sondern vielmehr “als Unterstützung, um Marketing schneller zu machen und besser auf den User abzustimmen”. Derzeit kommt KI vor allem für Personalisierungen, Automationen, virtuelle Assistenz, Vorhersagen und Content Produktion zum Einsatz. Als jüngster Anwendungsfall gilt das Tool ChatGPT, das in den Medien zugleich diskutiert, gelobt und kritisiert wurde. Während viele ChatGPT als Gefahr für ihre Arbeitsplätze sehen, ist es für die Expertin vor allem eine Spielwiese und Chance, deren Auswirkungen man heute noch gar nicht vollumfänglich abschätzen kann. So ist beispielsweise unklar, wie derartige KI-Systeme die Suchergebnisse von Google beeinflussen und wie deren Antworten von der bislang größten Suchmaschine der Welt bewertet und gereiht werden? Oder diese gar ablösen? Die wichtigste Frage war jedoch: Was kann Künstliche Intelligenz und was kann sie nicht?

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KI wird viel kritisiert, weil falsch eingesetzt

KI wird gerne als Alleskönner dargestellt. Zurecht? Wenn man die Expertinnen auf dem ÖMG-Panel fragt: Nein. “Wir müssen die Tools verstehen und einsetzen, wofür sie gemacht wurden.”, sagt Sabine Walch, CEO von danube.ai. “Man fährt auch nicht mit dem Traktor auf dem Formel-1-Ring, bei KI und Machine Learning versuchen wir das aber derzeit. Mit Machine Learning können wir gelernte Abfolgen 1:1 auf gleiche Situationen reproduzieren, nicht mehr und nicht weniger. Und ChatGPT wurde auch nicht gemacht, um wissenschaftliche Arbeiten zu liefern, sondern um möglichst relevante und schöne Antworten auf präzise Fragen zu geben.” Da stellt sich natürlich die Frage nach der Qualität der Daten und der Glaubwürdigkeit.

Wie sehr können wir den Antworten von ChatGPT & Co. vertrauen? “Derzeit zu 0-10 %”, sagt Alexandra Ebert, Chief Trust Office bei Mostly AI. “Wenn wir im Hinterkopf behalten, wofür ChatGPT programmiert wurde und welche Daten in das System eingespeist werden, dann erkennen wir auch schnell, wofür es eingesetzt werden kann und wofür eben nicht. Und wir wissen, dass die Antworten schon allein aufgrund der Datenlage nicht unser gesamtes Weltbild widerspiegeln können.”

Auch auf EU-Ebene beschäftigt man sich intensiv mit den Einsatzgebieten von KI und arbeitet bereits an Gesetzesentwürfen. “Man versucht, die Anwendungsfelder in verschiedene Risikoklassen einzuteilen, um so den Einsatz von KI einzuschränken. Beispielsweise ist die Vergabe von Krediten oder der Zugang zu Ausbildung ein Bereich mit hohem Risiko. Hier darf KI noch nicht eingesetzt werden, weil Menschenleben von einer potenziellen Entscheidung stark und nachhaltig betroffen sind. Anders verhält es sich im Marketing, einem Feld mit niedrigem Risiko. Wenn wir einen gelben statt einem roten Pullover angeboten bekommen, ist der Impact weniger stark, als wenn wir nie wieder einen Kredit erhalten.”, erklärt Ebert, die auch am AI Act der Europäischen Kommission mitarbeitet.

Anwendungspotenziale im Marketing sind mannigfaltig

Aber auch im Marketing sollten ChatGPT und andere KI-Systeme nicht blind eingesetzt werden. Bewährt hat sich die Technologie bereits im Brainstorming, Einholen von kreativem Input, Umtexten von Inhalten für unterschiedliche Zielgruppen, als Sparringspartner oder für die Systematisierung und Strukturierung von Content. “KI ist super als Kreativbooster in Kreationsphasen und für das schnelle, agile Testen von Daten und Ideen. Heute können wir innerhalb von ein paar Stunden Ideen und Werbemittel gestalten, umsetzen und testen, wofür wir früher Wochen gebraucht haben.”, erklärt Bernadette Fellner, Business Innovation Lead bei PwC. Eines muss Marketingverantwortlichen jedoch klar sein: Der Mensch trägt nach wie vor die Verantwortung und muss die Inhalte stets kontrollieren. Fellner weiter: “Die KI sollte nie komplett allein agieren, sondern braucht ein Human-in-the-Loop-System, eine Symbiose, keine Abgabe!”

Deshalb ersetzen KI-basierte Systeme auch keine qualitative, journalistische Arbeit oder Faktenchecks. “Aktuell ist KI-generierter Content aufregend und neu. Aber wir werden uns auch daran satt lesen. Wir sind Menschen und wollen von anderen inspiriert werden. Da man den Stil von KI-Systemen leicht erkennt, wird es langfristig beides geben: den schnellen KI-Content und die qualitative Reportage von uns Menschen”, so Walch.

Neben der Contenterstellung gibt es auch in Sachen Personalisierung noch viel Potenzial. Sowohl für große Unternehmen mit vielen Daten, als auch KMUs mit wenigen. “Mehr Daten sind nicht unbedingt immer besser. Auch im Geschäft werden wir nicht vom Verkäufer nach unserer gesamten Lebensgeschichte gefragt, wenn wir eine Waschmaschine kaufen wollen. Echtzeit-Personalisierung geht auch mit wenigen Daten.”

Und wo bleibt die Marke?

Individualisierung ist auch auf Seiten der Marketingverantwortlichen ein wichtiges Thema, denn oft fehlt es den KI-generierten Texten und Ads an Charakter und Markenpersönlichkeit. Laut den Expertinnen ist es möglich, KI-Systemen mehr oder weniger kreative Varianz zu erlauben und somit der Eintönigkeit entgegenzuwirken. Mehr Spielraum führt zwar zu individuelleren, weniger mechanischen Antworten, erhöht aber auch die Wahrscheinlichkeit für Fehlformulierungen und Fairnessproblemen.

Die Rolle der Marketer wird zukünftig also die eines Dirigenten von KI-Tools sein. Das erfordert die Fähigkeit, gute und präzise Fragen – sogenannte Prompts – zu formulieren und ein Grundverständnis für Potenzial, Grenzen, Risiken und auch für die Technologie. Durch manuelle Kontrolle kann dann für den letzten Markenschliff gesorgt werden. Ob man die Systeme zur Superkollegin oder zum Feindbild macht, bleibt jedem selbst überlassen.

Verfolgt haben die spannende Diskussion vor Ort oder im Livestream unter anderem Joachim Feher, CEO von RMS Austria, Petra Schenner von Payback Austria GmbH, Andrea Löffler von Hofer, Silke Übele von Wavemaker, Manuela Princic von EssenceMediacom, oder Michael Dörflinger von BSH.

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