Nachbericht & Aufzeichnung: 29.04. Female Empowerment, Diversität und New Work – alles nur Buzzwords oder schon Realität?

Am 29. April luden wir in Kooperation mit der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation und b2g bettertogether group zur Paneldiskussion ins APA- Pressezentrum. Angeregt diskutiert wurden die wichtigen Themen Female Empowerment, New Work und Diversität – werden sie in der Arbeitswelt bereits gelebt oder handelt es sich lediglich um Buzzwords?

Wie wichtig ist Female Empowerment heute – und in welchen Bubbles? Wie können wir den Anteil an weiblichen Führungskräften erhöhen und wie bringen wir mehr Frauen in technische Berufe? Kann nur ein grundlegender systemischer Wandel etwas bewirken, oder sind es die vielen größeren und kleineren Maßnahmen, die jede:r von uns setzen kann?

Diese und weitere Fragen wurden mit Expert:innen aus der Kommunikations- und IT-Branche und gemeinsam mit dem Publikum angeregt diskutiert.

Neuer Feminismus und die Gefahr von Bubbles

„Wir Frauen brauchen aus meiner Sicht keine Ermächtigung mehr, wir sind bereits ermächtigt.“ Christina Steyskal sprach sich für eine Form von Feminismus aus, die über reines Female Empowerment hinausgeht. „Wir brauchen einen neuen Feminismus, der über das Sichtbarmachen hinausgeht, das strukturelle Problem in unserer Gesellschaft angeht und Feminismus implizit lebt“, so die Nachhaltigkeits & DEI-Expertin. Damit etwas vorangeht, müssten alle Menschen in der Gesellschaft und Unternehmenswelt etwas verändern.

Viktoria Zischka, die bei REWE aktuell den Bereich Retail Media aufbaut, wies darauf hin, dass ihrer Erfahrung nach noch nicht alle Frauen empowered seien: „Wir leben in einer Bubble. Manche Frauen brauchen noch diese helfende Hand, die sie unterstützt und ermutigt. Deswegen bin ich auch so gerne WOMENinICT-Botschafterin. Und manchmal braucht es eben Buzzwords, um eine gute Diskussion anzuregen“, so die Medienexpertin.

Während der Frauenanteil in der IT-Branche bei lediglich 18 % liegt, sind Frauen in der Marketing- und Kommunikationsbranche oft in der Mehrzahl. „Unsere Branche ist eine Vorzeigebranche für Offenheit, wir haben einen sehr hohen Frauenanteil – das gefährliche ist, dass wir uns damit in einer Blase befinden“, so Jürgen Bauer, Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation und Agenturinhaber. Er wies darauf hin, dass die Sichtbarkeit von Frauen bei Events der Fachgruppe oft nicht gelebt würde und es auch in Werbe- und Kommunikationsagenturen einen großen Unterschied zwischen Wien und den Bundesländern gäbe, was die Sichtbarkeit der Frauen und den Anteil weiblicher Führungskräfte betrifft. Das bestätigte auch Christina Steyksal, die mit der b2g Workshopreihe Speak up Sister in den österreichischen Bundesländern unterwegs ist.

„Grundsätzlich braucht es eine Bubble-übergreifende Zusammenarbeit und das Zusammenwirken von Menschen mit ähnlichen Interessen“, betonte Alexander Hochmeier. „Weder die Systemthemen Gender Pay Gap, noch eine Vereinbarkeitsproblematik wird eine Bubble alleine lösen können“, so der IT-Experte.

Politik, Medien und Führungskräfte stärker in die Pflicht nehmen

Politik, Kommunikations- und Medienbranche, sowie die Führungskräfte in den Unternehmen seien im Hinblick auf Female Empowerment und Diversity stärker in die Pflicht zu nehmen, war man sich einig. „Es braucht noch vieles an Bewusstseinsbildung, damit sich die Entscheidungsträger:innen über ihre Verantwortung klar werden“, so Christina Steyskal. Dem stimmte auch „WOMENinICT“-Gründerin Christine Wahlmüller-Schiller zu: „In den Medien wird immer noch viel zu wenig über Frauen berichtet. Und ich sehe bei vielen Führungskräften in unserer Branche noch viel Unwissenheit in dem Themenbereich. Ich bin überzeugt, dass Gender- und Diversityschulungen für Führungsteams etwas bewirken.“ Generell sprach sie sich dafür aus, vom Reden ins Handeln zu kommen:„Es braucht viel Engagement, und jede Maßnahme hilft“, so die Women in ICT-Gründerin.

Reif für Diversität

Alexander Oswald wies auf Studien börsennotierter Unternehmen hin, die belegen, dass divers aufgestellte Führungsteams bessere Ergebnisse erzielen. Warum aber sieht die Realität dann oft anders aus? Für Alexander Hochmeier reicht Vielfalt alleine nicht aus. Vielfaltsdimensionen müssten in der jeweiligen Organisation auch richtig adressiert werden können und dazu brauche es eine gewisse Reife: „Diese Entwicklung ist ein Weg und bedeutet oftmals das Verlassen einer Komfortzone. Aber auch die Abkehr vom Glaubenssatz, dass Leistung gleich Arbeitszeit ist und nur Vollzeitmitarbeitende echte Leistungsträger:innen sind.“

Auch Viktoria Zischka sieht in genau diesem Vorurteil das Hindernis dafür, dass diverse Teams überhaupt zustande kommen. Den Teamleitern und Coaching komme hier eine entscheidende Rolle zu, so Zischka.

„Wir sind gerade in einer Schwellenzeit“, findet Jürgen Bauer, „in 30 Jahren wird es eigenartig sein, keine diverse Unternehmensstruktur zu haben.“

Frühförderung von Talenten und Sichtbarmachen von Quereinsteiger:innen

Viktoria Zischka betonte außerdem, wie wichtig es sei, Mädchen und junge Frauen rechtzeitig zu ermutigen: „Wir müssen viel früher damit beginnen, Mädchen und junge Frauen für technische Berufe und MINT-Fächer zu begeistern. Jedenfalls bevor sie 12 Jahre alt sind – danach ist es zu spät.“ Der Familie aber vor allem auch Lehrer:innen käme hier eine wichtige Rolle zu.

Ein authentisches Aufzeigen von Berufsbildern von Frauen für Frauen ist für Christine Wahlmüller-Schiller im Sinne der Förderung von Frauenkarrieren in der Technik entscheidend. Und aus Sicht von Alexander Hochmeier liege der Fokus bei den Role-Models noch zu sehr auf jenen, die es bereits geschafft hätten: „Wir müssen Quereinsteiger:innen stärker sichtbar machen um Möglichkeiten aufzuzeigen“, fordert er. Um ein Female-Washing zu verhindern, könnten seiner Erfahrung nach fix definierte Karrieremodelle mit festgelegten Anforderungsprofilen und Gehaltsspannen viel Positives bewirken.

Einig waren sich alle Teilnehmer:innen darüber, dass es im Hinblick auf Female Empowerment, Diversity und New Work noch mehr Bewusstseinsbildung braucht, und noch mehr in Bildung und Netzwerke investiert werden muss. Ob uns nur eine radikale Kehrtwendung, oder der Beitrag jeder:s Einzelnen voranbringt, dazu gab es in der Runde – ebenso wie im Publikum – unterschiedliche Positionen.

Hier findet ihr weitere Bilder und die Aufzeichnung!

Nachbericht & Aufzeichnung / Event Democracy Dies in Darkness – Hat die Wa(h)re Nachricht eine Zukunft?

An unserem Netzwerkabend gemeinsam mit dem PRVA wurden die aktuellen Herausforderungen des Nachrichtenschaffens und die Rolle eines glaubwürdige (Medien)-Umfeldes für Kommunikationsbotschaften diskutiert.

Marketinginteressierte, Journalist:innen und Presseverantwortliche versammelten sich im APA-Pressezentrum und tauschten sich mit einem hochkarätigen Panel aus, wie Medien und Nachrichtenagenturen redaktionelle und künstliche Intelligenz verbinden können. Das Panel war besetzt mit Ingrid Gogl/ PRVA, Alexander Oswald/ ÖMG, Dr. Clemens Pig/ APA, Anna Wallner/ Die Presse. Durch den Abend führte Barbara Haas/ Kleine Zeitung.

Dr. Clemens Pig, CEO der APA-Presseagentur, eröffnete den Abend mit der Erzählung aus seinem neuen Buch, nach dessen Titel auch die Veranstaltung benannt wurde: Democracy Dies in Darkness. Er skizzierte die letzten Jahre, in denen sich das Mediengeschäft und auch der Konsum der Medien stark verändert hat. Effekte, wie Fake News, wurden in Europa immer mehr und wir lernen gerade, mit ihnen umzugehen. Neue Disziplinen wie Factchecking entstehen, die weit über das faktenbasierte Berichten hinausgehen. Damit leitete Pig gleich die Fragen des heutigen Abends ein: Welche Rolle spielt ein glaubwürdiges (Medien)-Umfeld für Kommunikationsbotschaften; wie können wir Medien weiterentwickeln und welche Bedeutung hat künstliche Intelligenz dabei? Freie Medien sind das Lagerfeuer der Demokratie und müssen um jeden Preis geschützt werden, da die Demokratie sonst angegriffen werden kann.

„Saubere Nachrichten sind wie sauberes Trinkwasser. Wir brauchen beides, um zu überleben“, mit diesem Bild aus Pigs Buch eröffnete Barbara Haas/ Kleine Zeitung die Podiumsdiskussion. Und Pig stimmte zu: „Medien waren und sind das verbindende Element in unserem Leben. Früher haben wir am Morgen den Fernseher aufgedreht oder Zeitung gelesen. Heute sind es andere Medien, aber wir konsumieren, um uns weiterzubilden, am Laufenden zu bleiben und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das wahre Asset der Medien sind die Newsrooms, damit wir in der Lage sind, auf faktenbasierten Inhalten unsere Meinung zu bilden.“ Wie sieht das in der Wirtschaft aus, konkret im Marketing, dass oftmals den Ruf hat, Reichweite der Glaubwürdigkeit vorzuziehen? Unser ÖMG Präsident Alexander Oswald sieht das nicht so: „Wir haben im Marketing ein zwiegespaltenes Verhältnis. Das Marketing schätzt die Medien, vor allem wenn sie die eigene Botschaft authentisch transportieren. Gleichzeitig wollen wir aber auch, dass unsere Botschaften von so vielen Menschen wie möglich gesehen werden. Das geht nicht immer Hand in Hand und wird immer schwerer, weil viel in den letzten Jahren passiert ist. Das Vertrauen geht runter und die Emotionen rauf. Reichweite passiert durch Polarisieren, und dem Algorithmus ist es egal, ob es eine positive oder negative Geschichte ist. Den interessiert nur die emotionale Reaktion. Ob die Nachricht wahr ist, ist fast egal. Und im Marketing muss man sich die Frage stellen, ob es überhaupt noch ein Umfeld gibt, wo nicht der Wahnsinn herrscht. Deshalb sollte man unter Posts, die man nicht gut findet, auch nicht kommentieren. Man gibt den Inhalten so nur mehr Kraft.“

Die Moderatorin fragt Ingrid Gogl/ PRVA, wie die Pressearbeit diese ethischen Fragen einordnet, eine Kommunikationsdisziplin, der oftmals angekreidet wird, Inhalte weichzuzeichnen. „Ethik und Glaubwürdigkeit spiel in der Pressearbeit eine große Rolle. Deshalb distanzieren wir uns auch bewusst von Begriffen wie ‚PR-Stunts‘ weil diese suggerieren, etwas sei inszeniert. Ich denke sogar, dass Medien vielen Unternehmen gelernt haben, aufrichtiger zu kommunizieren, indem sie eben nicht alle Geschichten aufgegriffen haben. Weichzeichnen ist aber ganz klar keine Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit, dafür gibt es auch zu viele Korrektoren, sondern Geschichten spannend und abwechslungsreich zu erzählen. Wir kämpfen bewusst gegen Fake-PR.“

Kann KI beim Qualitätsjournalismus helfen?

Im Journalistischen wird mit KI bereits experimentiert, aber welche Rolle spielt sie im täglichen Arbeiten und bei den aufkommenden Aufgaben wie Factchecking wirklich? Anna Wallner/ Die Presse, dazu: „Wir müssen uns damit beschäftigen, denn wie der Buchdruck wird KI nicht weggehen. Die Medien haben bereits die Einführung des Internets und Social Media verschlafen, das sollte uns hier nicht wieder passieren. Aktuell verwende ich ChatGPT und Co. eher sporadisch, um beispielsweise Titel für Artikel zu verwenden. Die sind aber selten besser als unsere eigenen. Vielleicht noch zum Mitschreiben von Gesprächen. Ich sehe auch, dass wir die Algorithmen nicht so gut verstehen, wie Unternehmen. Hier ist noch viel Potenzial.“ Die Gefahren im Bereich Künstliche Intelligenz sehen die Expert*innen aktuell im Bereich der Foto- und Videoproduktion, denn das Internet wird immer mehr mit inszenierten Bildern zugespühlt. „Ja, man bekommt mittlerweile schnell Ergebnisse, aber was bringt mir viel und günstiger Content, wenn immer das Gleiche herauskommt. Dadurch wird der gute Journalismus immer schwerer auffindbar. Wir sollten lieber KI dafür nutzen, um mühsame und grundlegende Arbeiten zu ersetzen, um dann mehr Zeit für anderes zu haben.“ „Wir müssen auch offen darüber reden, dass wir den Journalismus abschaffen, wenn wir jetzt unser wichtigstes Asset an KI-Unternehmen verkaufen, nämlich Journalist*innen“, so Pig.

Emotion und Glaubwürdigkeit im Journalismus – geht beides?

„Es gibt einen Aufmerksamkeitskampf von Plattformen, den es früher nicht gegeben hat. Medien haben verlernt, Spaß zu machen. Deshalb ist Audio- und Videocontent auf Social Media auch auf der Überholspur. Aus dem gleichen Grund funktionieren Influencer*innen gut. Sie können ohne Befindlichkeiten über ihre Themen sprechen, nehmen die Zielgruppe in ihr Leben mit. Das geht bei Medien oder Journalist*innen nicht so gut“, so Wallner. Können Medien sich dahingehend anpassen? „Es ist natürlich schwieriger die Kommunikation von großen Medienunternehmen auf eine einzelne Person zu übertragen, auch wenn man sich mit Menschen leichter identifizieren kann. Was passiert denn mit der Unternehmenskommunikation, wenn die Person nicht mehr im Unternehmen ist?“, so Oswald. Kann uns das personifizierte Nachrichtenmachen näher zum Qualitätsjournalismus bringen? „Das sehe ich nicht. Ich glaube, dass Journalismus genau das Gegenteil sein sollte. Wir wollen Partner für die Menschen durch Zuverlässigkeit und Qualität sein. Wir haben die Aufgabe, Geschichten zu finden und aufzudecken. Wer zu sehr emotionalisiert, verliert die Zuverlässigkeit. Von Netflix und Co. können wir uns aber die Geschäftsmodelle abschauen“, so Pig. Gogl sieht das anders: „Fakten sind nicht das Gegenteil von Emotionen. Nur weil etwas emotional rübergebracht wird, ist es noch nicht falsch. Emotionen können ein Mittel sein, um Fakten besser zu transportieren.“

Wie sich Journalismus verändern muss

Zum Schluss fragt die Moderatorin, was die harte Währung der Glaubwürdigkeit für die PR und Marketing im Zwischenspiel mit den Medien ist. Gogl dazu: „Wir brauchen die Glaubwürdigkeit der Medien, denn wir planen unsere Kampagnen danach. Ich muss in der Pressearbeit auf die Inhalte der Medien reagieren und dementsprechend Kommunikationsmaßnahmen setzen. Mich auf Zahlen verlassen können.“

Oswald fügt hinzu: „Ich kann nicht einfach losgelöst von Umfeld arbeiten, sondern wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass ich ein lokales Ökosystem an Medien habe, mit denen ich zusammenarbeite. Wer immer nur günstig bei den Social Media Giganten einkauft, schadet langfristig der Marke.“ Pig ergänzt: „Journalismus ist schon seit langem ein Kampf zwischen Schnelligkeit und Richtigkeit, das ist aber auch eine Ressourcenfrage. Was ist denn falsch daran, dass etwas in der Sekunde nicht ganz klar ist? Oder wir ein paar Stunden brauchen, um komplexe Inhalte zu verifizieren?“ Gogl: „Diese Ressourcen würde ich aber gerne bei den Medien sehen, denn das erwarte ich mir von Qualitätsmedien, dass ich mich fürs Faktenchecken nicht auf eine Person auf der Social Media Plattform X verlassen muss.“ Wo gilt es also, zu investieren? Im Personal und in die Newsrooms? „Wir machen gute, auf Fakten basierende Arbeit, mit den Ressourcen, die wir haben. Wir müssen uns aber auch weiterentwickeln, warum in Zukunft also nicht auch mit sogenannten Personenmarken arbeiten, Expert*innen finden, die ein Medium hinaustragen? Oder gegebenenfalls nicht alles weitermachen, nicht alle Ressorts oder Plattformen bespielen, sondern sich auf bestimmte Themen fokussieren.“

Weitere Gäste, die an diesem Abend vor Ort waren, sind Louisa Böhringer/Personal Branding Wien, Veronika Beck/Komma4, Judith Belfkih/Wiener Zeitung, Lorin Polak/New Business Verlag, Alexander Raffeiner/Raffeiner Reputation, Vanessa Salzer/Ecker & Partner, Thomas Seifert/Journalist, Stefan Grampfelhuber/PRVA, Axel Maireder/IMWF, Barbara Oberrauter-Zabransky/KI Academy, Peter Thier/ÖBB, Simone Zwickl/FHWien, u.v.m.

Die ganze Aufzeichnung findet ihr hier! Und weiter Bilder des Abends hier!