Wir luden am 16.10. in Kooperation mit der WKO Fachgruppe Werbung- und Markenkommunikation Branchenexpert*innen zum Netzwerkevent. Das Thema des Events: “Die Stimmung is a miese! Aufbruch aus der Krise”. Kabarettist und Autor Alexander Sedivy eröffnete den Abend mit einer humorvollen Keynote. Im Anschluss diskutierte ein Panel, bestehend aus Jürgen Bauer/WKW, Lisa Reichkendler/Food Tribe, Vera Steinhäuser/Sie & Ich Kommunikationsberatung und Sedivy selbst, wie Marketingverantwortliche und Unternehmer*innen Unsicherheiten besser meistern können und welche Skills dafür erforderlich sind.
Richtig mit Krisen umgehen lernen
“Wir leben in einer VUCA-Welt… ”, beginnt Alexaner Sedivy das Programm. “Veränderungen und Herausforderungen treten in unserer Welt immer schneller und häufiger auf. Das erschwert natürlich eine langfristige Planung. Zudem haben wir einen Skill Gap, also eine Kluft zwischen den Fähigkeiten, die wir haben und jenen, die wir in der Zukunft brauchen – sogenannten future skills. Laut einer deutschen Studie wissen aber nur 20 % aller Unternehmen von diesem Gap und können deshalb nicht entsprechend handeln oder sich richtig weiterentwickeln.” Gerade das wird in Zukunft aber gefragt sein. “Wir dürfen uns upskillen”, so der Keynotespeaker.
Ein ähnliches Bild zeichnet Moderator Alexander Oswald, unser Präsident, am Anfang der Paneldiskussion mit einem weiteren Umfrage-Insight: Viele Unternehmer*innen wissen theoretisch, was sie in Krisenzeiten machen sollen, fühlen sich aber aufgrund der Vielzahl an und Schnelllebigkeit der Herausforderungen überfordert. Sie bleiben passiv. Was kann man diesen Personen raten? Steinhäuser antwortet: “Das anfängliche Gefühl der Überforderung ist völlig normal und wir dürfen uns auch so fühlen. Wir müssen nur irgendwann den Schalter umlegen und in die Gestalter*innen-Rolle wechseln, sonst bleibt unsere ganze Situation fremdbestimmt.”
Sedivy ergänzt: “Zu den future skills gehört auch die Analyse- und Organisationsfähigkeit, die man hier einsetzen kann. Oft hilft es, ein Problem in kleine Teilbereiche zu zerlegen und die Situation Schritt für Schritt zu bearbeiten. Kleinere Herausforderungen lassen sich gefühlt einfacher meistern, als große.” In einer Sache sind sich die Expert*innen einig: Um Dinge zu ändern, braucht es einen Fixstern, ein persönliches Ziel, auf den hingearbeitet werden kann. “Ich beobachte sehr oft, dass etablierte und junge Unternehmer*innen aus Panik plötzlich versuchen, hundert Dinge gleichzeitig umzusetzen, wovon eine Idee schlechter ist als die andere. Wenn wir aber ein Ziel vor Augen haben, können wir unsere Handlungen an diesem Ziel ausrichten. Und wenn wir uns kleine Meilensteine setzen und diese erreichen, motiviert das zusätzlich und hilft uns, am Ball zu bleiben. Wenn man hier mehrere Menschen motivieren muss, spricht man am besten in Bilder, denn Bilder schaffen Verständnis.”, so Bauer.
Bequemlichkeit und Ego: Zwei Gründe für Passivität
Diese Themen hören wir nicht zum ersten Mal und es gibt auch bereits Lösungsansätze, leitet Oswald eine weitere Frage ein. Viele Menschen weigern sich aber, diese Lösungen zu akzeptieren. Woran liegt das? Reichkendler ist da kritisch: “Passivität ist auch ein Mindset-Thema. Viele Unternehmer*innen verfallen in Schockstarre und tun nichts. Nicht weil sie zu wenig wissen, sondern weil die Situation nicht genug weh tut. Außerdem geht es uns in Österreich einfach zu gut. Wir haben hier keinen Haifisch-Markt, wie in anderen Ländern. Tief in uns drinnen wissen wir, dass uns im schlimmsten Fall der Staat auffängt, selbst wenn wir nichts verändern. Dadurch werden wir beratungsresistent und langsam. Die zentrale Frage lautet also: Wie schmerzhaft muss es werden, damit ich etwas ändere?”
Steinhäuser ergänzt: “Hinzu kommt, dass die Schmerzlinderung ja nicht sofort nach dem Aktivwerden eintritt, sondern oftmals tut es kurz- bis mittelfristig nochmal mehr weh, bevor es besser wird. Das schreckt viele zusätzlich ab.” Auch Fachgruppen-Obmann Bauer berichtet von seinen Erfahrungen: “Wenn es um Entscheidungen in Unternehmen geht, ist es manchmal leichter, das zu tun, was in der Vergangenheit bereits gemacht wurde. Selbst wenn man weiß, dass es nicht der richtige Weg ist. Denn wenn etwas schiefläuft, kann die Schuld zumindest nicht bei einem selbst liegen, denn es hat ja bis jetzt auch funktioniert.”
Einen weiteren Grund sieht Sedivy im Charakter selbst: “Oft sind Unternehmer*innen auch mit einem großen Ego ausgestattet. Das ist zwar notwendig, um Großes zu erreichen, kann uns aber auch schnell im Weg stehen.” Steinhäusler sieht viel Potenzial im Loslassen: “Im Englischen gibt es den Satz: seeing is believing. Bedeutet: Wenn wir etwas nicht sehen, können wir es auch nicht realisieren. Hier ist eine Offenheit für Veränderungen wichtig, selbst wenn wir das Resultat nicht ganz klar vor uns sehen können. Nur wenn wir Altbekanntes loslassen, haben wir die Hände frei für Neues.”
Sind unsere Marketingbotschaften verwässert?
Die fehlende Entscheidungsfreudigkeit merkt man auch im Marketing, so die Expert*innen. “Viele Unternehmer*innen wollen allen gefallen und legen sich nicht fest. Das sieht man in der Werbung, im Business und im privaten Leben. Unsere Handlungen und unsere Botschaften werden schwammiger”, so Reichkendler. Woran das liegt, fragt der Moderator. “Wenn wir für nichts stehen, kann man auch nicht anecken.” Ob das eine Generationenfrage ist? Steinhäuser sieht das nicht so: “Die jungen Menschen werden zwar gerne so dargestellt, als hätten sie keine Werte. Sie haben aber einfach andere. Früher sind wir mit dem Vorhersagen und Kontrollieren von Situationen sehr weit gekommen. Das funktioniert heutzutage nicht mehr. Wir müssen viel mehr Spüren und Anpassen.”
Bauer sieht hier ebenfalls keine Alterserscheinung: “Viele verlieren ihre Entscheidungsfreude, weil sie Angst haben, negativ bewertet zu werden. Social Media verstärkt das stark, den zweihundert Kommentare unter dem Post einer Kampagne sind schnell geschrieben und können einen großen Effekt haben. Früher hätten aber keine zweihundert Menschen einen Brief geschrieben. Und wenn, hätte es die Welt nicht mitbekommen.”
Was braucht es denn, um zur Entscheidungsfreude zurückzufinden? Reichkendler: “Mehr Fokus und weniger Ablenkungen. Wir sollten mehr auf uns selbst hören. Wenn wir mehr bei uns sind, sind wir auch bessere Führungspersonen.” Steinhäusler erklärt: “Es ist gut, eine Vision zu haben und diese mit dem Team zu teilen. Dann gibt es mehr Mitstreiter*innen und alle wissen, wofür sie schwitzen.” Auch beim Keynotespeaker ist Fokus ein wichtiger Aspekt: “Wir müssen uns weniger mit anderen vergleichen. Ich schaue mir auch nicht täglich die anderen Speaker*innen in meiner Nische an.” Bauer: “Wir sollten immer wieder auch die eigene Blase verlassen, in der wir uns bewegen und bewusst neue Leite mit neuen Ideen und Einstellungen treffen. Diese neuen Eindrücke helfen womöglich, Chancen in der Zukunft besser einschätzen zu können.”
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Eure ÖMG