Wenn sich komplexe Themen schlecht bis gar nicht in kurzen Beiträgen oder Artikeln beschreiben lassen oder wenn man Willensbildung in einer Sache vorantreiben muss, dann ist Framing heute mehr denn je ein probates Werkzeug dazu. Aber ist es ein „gutes Werkzeug“ und ist es auch im Marketing einsetzbar?
Framing ist tatsächlich das vielbesagte „zweischneidige Schwert“ – fähig dazu, im gleichen Maße Gutes zu tun oder Schäden zu verursachen. Unsere Welt konsumiert Medien in einem noch nie dagewesenen Ausmaß – dabei wenden wir alle viele Stunden pro Tag auf, um Nachrichten zu screenen, Musik zu hören, Social Media zu nutzen und zu surfen. Die Grenzen zwischen der Nutzung der Devices (wie Notebooks und Mobiltelefonen) und deren Rolle als „Digitalisierungsendgeräte“ (zum Einkaufen und Bezahlen, um zu Streamen, um Inhalte zu produzieren,…) verschwimmen immer mehr.
Parallel dazu beginnen sich in unserer Medienwelt häufiger Erzählmuster abzuzeichnen. In diesen Mustern dienen klar festgelegte Begriffe dazu, Dinge geringer oder erhöht darzustellen und damit eine intendierte Sichtweise anzusteuern. Das klingt doch nach Marketing, oder?
Wie sieht es nun mit Framing im Marketing aus?
Nicht so viel anders. Wir Marketer sind im Framing mittendrin, statt nur dabei, denn: die Veränderung der Zugänglichkeit eines Reizes ist ein grundlegender Mechanismus bei Framing – und im Marketing.
Als Marketer nutzen wir beispielsweise die rund 180 magic words. Es sind dies Phrasen und Ausdrücke, wie „100 % anerkannt“ implizieren, dass Experten ihren „Stempel auf etwas gegeben haben“. „Ausgezeichnet“ lässt uns subjektiv glauben, dass jemand hier „bewertet“ hat. „Nur noch für kurze Zeit“ bringt uns in Zeitdruck, bei diesem Angebot zuzuschlagen usw..
Wenn nun aber im Marketing das Thema „purpose“ (Haltung) immer mehr Raum einnimmt, werden auch die Frames der Marketer mit sozialer Sprengkraft und Verantwortung aufgeladen. Dass unterschiedliche Formulierungen einer Message (bei gleichem Inhalt) unser aller Verhalten unterschiedlich beeinflussen, ist gerade für Marketer also kein Geheimnis, ganz im Gegenteil. Wir müssen uns aber der (neuen) Verantwortung bewusst sein und ein ausgewogenes Maß zwischen „demand creation“ und verantwortungsvoller Haltung finden.
Wie kann das aussehen? Ein wundervolles Beispiel gibt der Autor Mario Pricken: Um Autofahrer zu mehr Vorsicht auf jenen Straßen zu bewegen, in denen sich Schulen befinden, hat der Hersteller eines Navigationssystems sich eines simplen psychologischen Tricks bedient: Er lässt die Straßennamen von einem Kind sprechen und nicht von der üblichen Navigationsstimme. Diese kleine „Intervention“ irritiert Autofahrer kurz, verfehlt aber nicht ihre Wirkung und läßt diese aber bewusst vorsichtiger durch die „Schulstraßen“ fahren.
Wir Marketer sind es, die durch die Veränderungen und bewusste Wahl von Formulierungen die Präferenzordnung der Konsument*innen beeinflussen wollen und können. Und es wird an uns liegen, damit verantwortungsvoll umzugehen und unsere Worte gerade in Bezug auf Haltungen auf die Waagschale zu legen. Wir haben es gewissermaßen in der Hand, einen „Wandel“ zu schaffen und der „Krise“, „Lüge“ und dem „Notstand“ Absage zu erteilen.